Anmeldung
02. September 2022

Menschen mögen, Firmen stärken

Unternehmerischer Erfolg mit sozialen Werten strahlt besonders stark in die Wirtschaft und die Gesellschaft aus: Referierende aus verschiedenen Branchen beleuchteten am sechsten Forum christlicher Führungskräfte die Bedeutung sozialen Unternehmertums.

Ex-Skirennfahrer und Hotelier Pirmin Zurbriggen (links) – im Gespräch mit Moderator Markus Baumgartner – forderte am Forum 2022 Führungskräfte heraus: «Der Chef ist der Herrgott.»

Am Freitag, 2. September 2022 gaben sich am Forum christlicher Führungskräfte in der Parkarena Winterthur rund 400 Verantwortliche aus Wirtschaft, Politik und Gesellschaft ein Stelldichein. Am Vorabend trafen sich am Young Professionals PreForum rund 130 Nachwuchsführungskräfte.

Werte für Nachwelt erhalten

Zuerst stellte Moderatorin Ladina Spiess die Frage in den Raum, wie man soziale Unternehmenswerte in Stein meisseln könnte. Regina Aebi aus Niederwangen, Rechtsprofessorin an der Universität Luzern, referierte dazu über einen ihrer Forschungsschwerpunkte. Unternehmenspersönlichkeiten müssten sich grundsätzlich überlegen, welche Werte unbedingt der Nachwelt erhalten bleiben sollen. Anhand konkreter Beispiele – zum Beispiel einer bekannten Luxusuhrenmarke – zeigte Aebi auf, wie man über eine Stiftung einen Unternehmenszweck und Werte über Generationen aufrechterhalten kann. Am wichtigsten sei ihr aber zu betonen: «Unternehmensnachfolge bedeutet auch Loslassen und setzt Vertrauen voraus.» Erbrechtliche Instrumente seien ebenso eine Möglichkeit, Werte weiterzugeben – sie nannte die Reduktion von Pflichtteilen oder die Ehegattennutzniessung, die grössere Verfügungsfreiheit ermögliche. Als weitere erbrechtliche Instrumente nannte sie Testament, Erbvertrag und Erbvorbezug mit Auflagen oder Bedingungen – zum Beispiel im Hinblick auf Nachhaltigkeit, Anstellungsbedingungen oder Wertschätzung von Mitarbeitenden. Es könnten sogar Konventionalstrafen vorgesehen werden. Der Aktionariatsbindungsvertrag könne die Entscheidungsmacht regeln – bis hin zu Stimmrechtsbeschränkungen oder Übertragungseinschränkungen, die die Einhaltung von Unternehmenswerten sichern sollen.

Zins: eine Frage der Verantwortung

Ethikerin und Theologin Christina Aus der Au beschäftigte sich als frühere Verwaltungsrätin der Alternativen Bank mit dem biblischen Zinsverbot. «Wer das Geld liebt, wird des Geldes nicht satt», zitierte die evangelische Thurgauer Kirchenratspräsidentin unter anderem aus der Bibel. Sie räumte ein, dass der hebräische Ursprungstext nicht zwischen den Wörtern Zins und Wucher unterscheide. Das Zinsverbot sei eigentlich ein Wucherverbot. «Zinswirtschaft zwingt zum Wachstum», gab sie zu bedenken und thematisierte die Schere zwischen Arm und Reich. Deswegen werde sie von ihrem Mann als «linker Socken» bezeichnet, sagte sie augenzwinkernd. Sie zeigte aber auch auf, dass die reformatorische Interpretation zielführend sei: Dann nämlich, wenn ein Nutzen für die Allgemeinheit und die Gesellschaft als Ganzes erwachse. Schliesslich nannte sie grundsätzliche Stossrichtungen: Es gehe darum, Auswüchse zu bekämpfen, Höchstzinse festlegen, in bestimmten Situationen freiwillig auf Zinsen zu verzichten oder sogar die Praxis der Erlass- und Halljahre zu bedenken. Es gebe aber auch radikale Alternativen wie Alternativwährungen, Tauschringe, Negativzinsen oder Vollgelderformen. Als Fazit betonte sie: «Ich sage Euch nicht, was gut oder schlecht ist.» Man müsse sich aber fragen, welches der Geist hinter dem Zinsverbot sei und sich bewusst machen, dass man diesbezüglich in der Verantwortung stehe.

Berührende Praxiserfahrungen

Nebst den beiden Hauptreferentinnen standen am Freitagmorgen weitere Persönlichkeiten auf der Bühne. Regula Sulser, die einen Mahlzeitendienst für Menschen ab 80 und in Regensdorf ein Restaurant betreibt, berührte die Teilnehmenden mit einem emotionalen Praxisbericht über ihre ungewöhnliche berufliche Erfolgsgeschichte. Damit motiviert sie nicht nur Senioren sondern auch ihr Team neu und betont: «Eine Gesellschaft ohne alte Menschen ist wie eine Muschel ohne Perle.» Wirtschaftsanwalt, Immobilien- und Gastrounternehmer Daniel Gysi aus Muolen berichtete über seine wirtschaftlichen und persönlichen Erfolgserlebnisse, die sich einstellten, als er bereit war, nicht nur auf den eigenen Profit zu achten, sondern sogar mehr als zehn Prozent des Umsatzes weiterzugeben.

Dienende Kultur prägt Firmen

Auf dem Podium über soziales Unternehmertum machten drei Führungskräfte klar, wie wertvoll es ist, Menschen in den Fokus der wirtschaftlichen Tätigkeit zu rücken: Elisabeth Schirmer, Verwaltungsrätin des Uhrwerkherstellers Ronda, betonte, dass in der «christlichen Ewigkeitsperspektive» die Kraft liege, die im Alltag den Unterschied mache. Adrian Ciardo, CEO der Bündner Arbeitsintegrationsfirma Stiftung Feschtland, nannte eine dienende Haltung als wichtigen Führungsgrundsatz. Internetunternehmer Daniel Bachmann hob sein Anliegen hervor, eine Firmenkultur zu schaffen, «die den Menschen und dem Unternehmen dient. Ich wünsche mir für meine Mitarbeitenden, dass sie in der Gesellschaft handlungsfähiger und gleichzeitig in der Firma leistungsfähiger sind.»

«Den Leuten Gutes tun»

Rebekka Bieri berichtete über ihre Bemühungen, zwei Hotelbetriebe im Tessin nachhaltig zu betreiben. Mit einem Neubau in Moscia wolle man dem Anspruch gerecht werden, der Schöpfung Sorge zu tragen, und auch in Rasa würden ökologische Interessen in den Fokus gerückt. «Investieren, damit Gäste profitieren», lautet ihre Devise. Man müsse Menschen mögen – das sei die wichtige Voraussetzung, um so einen Betrieb zu führen. Es müsse eine Leidenschaft sein, aber man müsse sich auch abgrenzen können. Es sei aber grundsätzlich schön, «den Leuten Gutes zu tun. Wir wollen auch ein geistlicher Ort sein, damit Gäste in ihrem Glauben wachsen dürfen.» Sie wolle deshalb die Ferienorte weiterentwickeln, «damit Menschen neue Impulse bekommen».